Rede zum Bericht der Staatsregierung zur Coronapandemie

Veröffentlicht am 07.01.2021 in Reden

„Ich möchte an dieser Stelle auf ein Gespräch eingehen, welches ich am Neujahrstag mit dem Kind einer Freundin geführt habe. Ich fragte ihn, 7 Jahre alt und gerade in die 1. Klasse gekommen, was er sich für das neue Jahr wünscht.

Die Antwort kam prompt. Zitat: „Ich wünsche mir, dass das doofe Corona endlich weg ist, mein Opa das nicht bekommt und ich wieder in die Schule darf.“ Weitere Wünsche hätte er nicht. 

Mir hat die Pandemie wieder einmal deutlich vor Augen geführt, wie wundervoll Kinder sind. Sie sind empathisch, rücksichtsvoll und absolut solidarisch. Die Stimme der Kinder ist es, auf die wir in der Politik viel öfter hören sollten.

Wenn man die Wünsche des Jungen auf den Punkt bringt, geht es, hier: 1. Um die Rechte von Kindern in Zeiten der Corona-Pandemie: Um ihre Bildung, Entwicklung, ihren Schutz, Chancengleichheit oder ganz simpel und wichtig: Kontakt zu ihren Freunden. Und 2. Um den Schutz der Gesundheit ihrer Mitmenschen. Also Corona zu besiegen. Hierfür will ich drei für mich wichtige Punkte herausgreifen, die für die Kinder aus den beiden Blickwinkeln gerade wichtig sind.

Zum ersten Punkt: Wir müssen aktiv etwas gegen Kinderarmut tun. Denn Kinderarmut ist ein Riesenproblem, das sich in Zeiten von Corona zuspitzt. Die Diakonie Sachsen hat in dieser Woche auf ein eklatantes Problem aufmerksam gemacht: Das Essen an Kitas und Schulen. Eltern, die sich das Schulessen nicht leisten können, bekommen dafür eine staatliche Unterstützung. Das Essensangebot entfällt seit der Schließung. Und genau hier liegt das Problem: Einige Eltern können die zusätzlichen Kosten für eine ausgewogene Ernährung ihrer Kinder zuhause nicht aufbringen. Dafür braucht es dringend eine politische Lösung, die auf Bundesebene gefunden werden muss.

Wir müssen Kinderarmut in diesen Zeiten verstärkt in den Blick nehmen. Das gilt auch über Corona hinaus: Insbesondere das Bildungsticket wird hier eine weitere wichtige Unterstützung sein. Zudem gilt es, das Landeserziehungsgeld auf Alleinerziehende auszuweiten. Und auch die Kita-Beiträge müssen stabil bleiben. Die Kinderbetreuung muss bezahlbar sein, langfristig sogar kostenfrei. Daran darf Corona nichts ändern. Außerdem brauchen wir eine zügige Lösung, wie die Kitagebühren für die Zeit der Schließungen erstattet werden können.  Das würde die angespannten Geldbeutel der Familien entlasten.

Wir müssen perspektivisch radikalere Schritte gehen, um die Kinder aus der Armutsfalle zu holen. Und genau das kann nur mit einer Kindergrundsicherung gelingen. 

Zum zweiten Punkt: Wir müssen die Kinder und Familien entlasten! Denn Home-Schooling und Home-Office sind auf Dauer nicht vereinbar.

Die Schließung der Schulen und Kitas war und ist unvermeidbar. Die Forderung nach einer sofortigen Öffnung ist absoluter Irrsinn. Im Gegenteil. Ich hätte es sehr befürwortet, wenn der Präsenzunterricht schon früher beendet worden wäre: Stichwort Wechselunterricht.

Ein reiner Präsenzunterricht wird zeitnah nicht möglich sein. Das Wechselmodell ist eine gute Möglichkeit, um den Kindern ihr Recht auf Bildung einzuräumen und die Eltern zugleich zu entlasten. Daher bin ich sehr froh darüber, dass wir diesen Weg ab Februar in Sachsen einschlagen wollen. Wenn das die Infektionslage natürlich zulässt! Zur Entlastung gehört auch, dass die Kinder- und Jugendhilfe, ambulant und teilstationär, sowie die Familienberatung weiterhin möglich sind.

Wenn man Schulen und Kitas geschlossen lässt, muss man mitdenken, was mit den Eltern ist. Der Schritt, hierfür zunächst einmal die Kind-Krank-Tage auszuweiten, ist sinnvoll. Ob diese Erweiterung jedoch reichen wird, muss die Zeit zeigen. Zudem gebe ich zu bedenken, dass die derzeitigen finanziellen Lohnersatzleistungen die Familien stark finanziell belastet. Ziel sollte perspektivisch der komplette Lohnersatz sein, wenn die Eltern ihrer Arbeit in Zeiten von Corona nicht nachkommen können. Und das insbesondere für Alleinziehende.

Und zu guter Letzt, Punkt Nummer 3: Wir müssen Corona die „Stirn bieten“. Wie man so schön sagt. Der Impfstoff macht Hoffnung auf die baldige Rückkehr zur Normalität. Nur wenn sich ausreichend Menschen impfen lassen, können wir die Pandemie überwinden. Alle Kräfte sollten dafür genutzt werden, um das schnell und sicher zu schaffen.

Das bedeutet für mich auch: Dass endlich damit aufgehört werden muss, Impfmärchen zu erzählen und Angst zu schüren. Und insbesondere damit, das politisch zu instrumentalisieren. 

Bis das Ziel erreicht ist, müssen wir uns und unsere Mitmenschen weiterhin schützen. Das bedeutet auch in den kommenden Wochen Entbehrungen. Niemandem fällt das leicht. Bund, Land und Kommunen müssen hierfür gemeinsam an einem Strang ziehen. Die Kommunen und die Akteure vor Ort tragen eine große und nicht unwesentliche Verantwortung. Der Fingerzeig nach Dresden hilft uns hier nicht weiter. 

Lassen Sie uns gemeinsam daran arbeiten, die nächsten Monate solidarisch zu überstehen. Ich habe Hoffnung, dass sich der Neujahrswunsch des 7-jährigen Jungen erfüllen wird. Der sicherlich nicht nur von ihm, sondern von vielen anderen Kindern in Sachsen und natürlich auch von Erwachsenen geäußert wird.“